Systemische Beratung

Der systemische Ansatz entstammt der systemischen Familientherapie, die den Fokus auf die Frage legt: Wie organisiert sich das (Arbeits-) System und wie verstärkt oder behindert diese Selbstorganisation die Gesundheit, Lebendigkeit und Kompetenzen der am System beteiligten Personen. 

 

In der systemischen Perspektive wird nicht ‚der Schuldige’ oder ‚das ursächliche Verhalten’ gesucht, der wie ein Krankheitserreger die Vitalität des Systems stört.  Stattdessen wird das ‚sogenannte Problem’ als eine Wirklichkeitskonstruktion des Systems verstanden, zu der sich die am System Beteiligten aus guten Gründe bewußt oder unbewußt entschieden haben und dessen Änderung derzeit einen zu hohen Preis haben würde.
 
So gesehen stellt ein ‚Problem’ bereits einen Lösungsversuch für eine bestimmte Situation dar, der jedoch seinerseits zu viele ‚Neben—Wirkungen’ erzeugt und somit als ungünstig oder sogar problematisch erlebt wird.
 
Die Arbeitsweise der systemischen Familientherapie lässt sich auf die Arbeit mit anderen sozialen Systemen übertragen, etwa ein Team, ein Gremium, eine Einrichtung oder ein Unternehmen. So kann beispielsweise effizient erarbeitet werden, welche Beteiligten mit welchen Interessen auf das jeweilige System wirken, welche Regeln sich das System gewählt hat und wie diese bestimmte Ziele unterstützen oder behindern. Ebenso kann transparent werden, welche ‚guten Gründe’ jeder einzelne Beteiligte hat, in der jeweiligen Weise im System zu agieren und was er bräuchte, um sein Verhalten zu verändern.
 
Damit ist der systemischer Ansatz hilfreich für die Arbeit mit Einzelpersonen (z.B. Einzelsupervision), mit einem Team (z.B. in der Teamentwicklung) oder mit Organisationssystemen oder dem Gefüge um eine soziale Einrichtung.
 

Die systemische Arbeit ist in ihrer grundlegenden Ausrichtung konsequent lösungsorientiert und sagt, dass es  oft hilfreicher ist, sich auf Wünsche, Ziele, Ressourcen oder Ausnahmen vom Problem zu konzentrieren anstatt auf Probleme und deren Entstehungsgeschichte viel Zeit zu verwenden, ohne dass hierdurch neue Impulse entstehen. Dies beschleunigt oft den Beratungsprozess und ermöglicht schnelle, tragfähige Lösungen.

Gestaltansatz

Der Gestaltansatz faßt jene Verfahren der Beratung und Supervision zusammen, die sich aus der Gestalttherapie entwickelt haben und auf deren Arbeitsprinzipien zurückgreifen. Gestalttherapie ist Mitte des 20. Jahrhunderts von einer Gruppe Psychoanalytiker, Psychiater und Sozialwissenschaftler auf Basis der Gestaltpsychologie und dem holistisch, phänomenologisch und existenziell geprägten Denken jener Zeit entwickelt worden. Gestalttherapie ist heute sowohl klinisch ausgerichtet, als auch in Feldern der Selbsterfahrung und Selbstentfaltung beheimatet.

 
Der Begriff ‚Gestalt’ beinhaltet dabei einerseits den Aspekt, das Leben als ein sinnvolles Ganzes zu gestalten. Andererseits bezieht er sich in der Arbeit mit ‚offenen Gestalten’ oder ‚unerledigten Geschäften’ auf die Ansätze der Gestalt-Psychologie. Offene Gestalten und unerledigte Geschäfte sammeln wir in unserer individuellen Lebensgeschichte an (z.B. frühkindliche Konflikten mit Autoritätspersonen oder Erfahrungen von Verlassensein). Solange diese inneren Konflikte ungeklärt sind, drängen sie sich in späteren Situationen und Beziehungen immer wieder in den Vordergrund. Dann werden aktuelle Konflikte im Erwachsenenalter (z.B. mit dem Chef) zu Lösungsversuchen frühkindlicher Konflikte (z.B. mit dem übermächtigen Vater) Aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen, ist das unbewußte Ausagieren dieser offenen Gestalten kontraproduktiv und oft Auslöser zusätzlicher Konflikte mit Personen, die auf diese Weise als Projektionsfläche benutzt werden. Die ursprünglichen inneren Konflikte klären sich erst, wenn beispielsweise in der Ambivalenz zwischen dem Bedürfnis nach Schutz einerseits und dem Bedürfnis nach Unabhängigkeit andererseits, ein stimmiger Standpunkt gefunden und die zugehörigen Emotionen in einen angemessenen Ausdruck gebracht wurden.

 
‚Offene Gestalten’ stammen jedoch nicht nur aus frühkindlichen Lebensphasen, sondern können auch bei späteren Anlässen, wie einer nicht bewußt vollzogenen Trennung oder fehlenden Verabschiedung, aus nicht geäußertem Protest gegen Ungerechtigkeit o.ä. zurückbleiben. Insofern können auch Teams, Organisationen und Unternehmen – gar ganze Gesellschaften – offene Gestalten bilden, die ihrerseits Wirkung entfalten und auf vielfältigen, oftmals ungünstigen Wegen, nach Ausgleich suchen.
 

In unserer Arbeit können wir den Umgang mit ‚Mustern’ und den Blick dafür, worum es ‚eigentlich’ oder worum es ‚auch’ geht, aus der Gestalttherapie übernehmen und so die ‚offenen Gestalten’ der jeweiligen Situation erkennen. Dadurch wird es möglich zu unterscheiden, ob ein vom Klienten als problematisch erlebtes Verhalten aus der aktuellen Situation oder aus früheren Beziehungen resultiert. Dies hilft, zielgerichtet auch mit den emotionalen und existenziellen Bedürfnissen der Klienten zu arbeiten und zusammen stimmige Lösungswege und Ausdrucksformen zu finden. In der Gestalttherapie ist das ‚Hier und Jetzt’ der jeweiligen Begegnung und die Offenheit für das, was sich bei den Beteiligten aktuell in den Vordergrund drängt, Grundhaltung allen Arbeitens. Diese konsequente Prozessorientierung hat uns gelehrt – neben aller Vorbereitung und Konzeption die wir aus unseren anderen Arbeitsfeldern geübt haben – offen zu bleiben für die aktuelle Begegnung und den sich entwickelnden, gemeinsamen Prozess.